Lektion 8

Unser Zuhause im "grünen Bereich"

Dieses Modell spricht ein zentrales Ziel unseres Trainings an: Uns immer wieder zu versichern, dass unsere Kernbedürfnisse erfüllt sind. So können wir den Herausforderungen unseres Lebens mehr und mehr aus dem „grünen Bereich“ heraus begegnen, in dem wir grundlegende Gefühle wie Zufriedenheit, Liebe und innerem Frieden bereits fühlen.

Im Laufe des Tages erleben wir einen ständigen Wandel in der Bedeutung dieser drei Bedürfnisse.

  • Die Dinge, die sich unangenehm anfühlen oder uns möglicherweise tatsächlich bedrohen, erhöhen unser Bedürfnis nach Sicherheit.
  • Die Dinge, die sich angenehm anfühlen, eine potenzielle oder tatsächliche Möglichkeit darbieten oder einen möglichen oder tatsächlichen Verlust mit sich bringen, aktivieren unser Bedürfnis nach Zufriedenheit.
  • Und die Dinge, die tief empfunden, herzerfüllend sind, die aber eine tatsächliche oder mögliche Zurückweisung mit sich bringen, erhöhen unser Bedürfnis nach Verbundenheit und Zugehörigkeit.

Es ist sehr nützlich, sich der gefühlsmäßigen Färbung (in der Psychologie „hedonische Tönung“ genannt) Deiner Erfahrungen bewusst zu werden, weil sie Dir Hinweise auf Deine Bedürfnisse gibt – und darauf, wie Dein Gehirn versucht, diese zu befriedigen.

Wir erfüllen diese Bedürfnisse mithilfe dreier übergeordneter Motivations- und Regulationssysteme unseres Gehirns. Sie helfen uns,

  • sicher zu sein, indem wir Schaden vermeiden (Vermeidungssystem),
  • zufrieden zu sein, indem wir Belohnungen anstreben (Belohnungssystem) und
  • verbunden zu sein (Bindungssystem), indem wir uns mit anderen verbünden.

Wenn wir erleben, dass ein Grundbedürfnis erfüllt ist, geht das zugehörige System in den anpassungsfähigen Modus („grüner Bereich“).

  • Wenn wir uns grundlegend sicher fühlen, geht das Vermeidungssystem in den anpassungsfähigen Modus über, einhergehend mit dem Gefühl inneren Friedens.
  • Wenn wir uns grundlegend zufrieden fühlen, geht das Belohnungssystem in den anpassungsfähigen Modus über, einhergehend mit dem Gefühl innerer Zufriedenheit.
  • Wenn wir uns grundlegend verbunden fühlen – nicht bedroht von Zurückweisung oder Ablehnung – geht das Bindungssystem in den anpassungsfähigen Modus über, einhergehend mit einem Gefühl von Liebe.

Der "grüne Bereich" ist unsere Heimat

Der „grüne Bereich“ ist der Ruhezustand oder die Homöostase unseres Gehirns, in dem unser Körper auftankt, sich heilt und in dem sich das Gehirn in einem Zustand von Frieden, Zufriedenheit und Liebe befindet.

Wir können immer noch ehrgeizig sein und uns mit Problemen befassen, hart arbeiten und kreativ sein. Jedoch tun wir dies aus dem grünen Bereich heraus, wo wir nicht von Bedrohung, Verlust oder Zurückweisung getriggert reagieren.

Das Geist-Gehirn-Körper-System ist hochkomplex. Der Ruhe- und Erholungszustand des Geist-Gehirn-Körper-Systems ist der anpassungsfähige Modus oder der „grüne Bereich“. Hier ist unsere Heimat!

Dieser anpassungsfähige Modus fühlt sich gut an, weil er für alle Tiere – uns eingeschlossen – gut ist: Er schont und erhält unsere Ressourcen, lässt uns auftanken und wieder zu Kräften kommen.

Wenn wir anderseits die Erfahrung machen, dass ein grundlegendes Bedürfnis nicht erfüllt ist, geht das zugehörige System in den reaktiven Modus über, den sogenannten „roten Bereich“.

  • Wenn wir uns unsicher fühlen oder Bedrohung erleben, geht das Vermeidungssystem in den reaktiven Modus über; einhergehend mit einem Gefühl der Angst.
  • Wenn wir uns grundlegend unzufrieden fühlen und Verlust erleben, schaltet das Belohnungssystem in den reaktiven Modus um; einhergehend mit einem Gefühl der Frustration.
  • Wenn wir uns grundlegend unverbunden und getrennt fühlen, Zurückweisung erleben, schaltet das Bindungssystem auf den reaktiven Modus um, einhergehend mit einem Gefühl von Kummer und Schmerz

Im Alltag kann die Unterscheidung zwischen anpassungsfähigem und reaktivem Modus ein wenig verwirrend sein. Im Grunde aber wissen wir, wie es sich anfühlt, ruhig, zentriert, glücklich und liebevoll zu sein. Das erleben wir ganz anders als durcheinander, zerfahren, bedrängt, besorgt, verärgert, frustriert, enttäuscht, verlegen, neidisch, verletzt oder einsam.

Im "roten Bereich" haben wir unsere Heimat verlassen

Der reaktive Modus fühlt sich nicht gut an, weil er schlecht für uns ist. Er ist für eine kurze Zeitdauer angelegt, um mit einer unmittelbaren Lebensbedrohung fertig zu werden. In der Wildnis finden die meisten Episoden im roten Bereich ein schnelles Ende – entkommen, verletzt oder tot.

Der rote Bereich fühlt sich so schlecht an, um Tiere, uns eingeschlossen, dazu zu bringen, ihn möglichst zu vermeiden und ihn schnellstens wieder zu verlassen, wenn wir uns in ihm befinden.

Der natürliche Rhythmus für Tiere und, soweit wir das überschauen, auch für den frühen Menschen, ist es, lange Zeiträume im anpassungsfähigen Modus zu verweilen, mit gelegentlichen Ausbrüchen in den roten Stressbereich, welche wiederum gefolgt werden von langen Heilungs- und Erholungsphasen im grünen Bereich.

In der heutigen modernen Zeit müssen wir in den seltensten Fällen vor einem hungrigen Tiger um unser Leben rennen. Dennoch verbringen wir viel Zeit im chronischen Stressmodus des roten Bereichs: Wir hetzen herum, wollen alles gleichzeitig erledigen, stehen unter Druck, werden überflutet von Informationen …

Unser Gehirn unterscheidet nicht zwischen Situationen, die nur als bedrohlich eingestuft werden, und tatsächlichen Bedrohungen wie Klimakrise, Pandemie, Krieg und Flucht, die große Unsicherheit, Angst, Sorgen um sich selbst und um geliebte Menschen. Deshalb ist es gerade in diesen Krisen- und Kriegszeiten extrem wichtig, die Gelegenheiten und Momente, in denen wir wieder Kraft schöpfen und uns erholen können, so gut und so oft wie möglich zu nutzen und auszukosten.

Dabei hilft uns die Zentrierungsübung, die uns unterstützt immer wieder im „grünen Bereich“ – in unserem Zuhause – anzukommen.

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Zentrierungsübung für die drei Grundbedürfnisse
Zentrierungsübung für die drei Gründbedürfnisse
Swinging Christmas

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